AMERICAN BEAUTY
AERIN LAUDER ZINTERHOFER LÄSST DIE LEGENDÄRE FAMILIENTRADITION DES GRAND STYLE WIEDER AUFLEBEN.
ER VERLEIHT SOWOHL IHREM APPARTEMENT IN MANHATTAN ALS AUCH IHREM GARTENHAUS AUF LONG ISLAND EIN SCHLICHTES AMBIENTE.
Text: Kristina Stewart Ward
Fotos: Simon Upton. Außenaufnahmen: William Waldron
Produktion: Cynthia Frank
Die Gärten, die Aerin Lauder Zinterhofers Haus im Greek-Revival-Stil im New Yorker Stadtteil East Hampton umgeben, stehen in voller Blüte. „Wir pflanzen weiße Blumen an: Rosen, Pfingstrosen, Hortensien …“, sagt sie. „Es ist ein unglaublicher Luxus, frische Blumen um das Haus herum zu haben.“
Blumensträuße findet man in vielen Zimmern von Lauders Wochenendhaus. Vor einem Jahrzehnt erbte sie es von ihrer weltberühmten Großmutter, Estée Lauder, der Gründerin des Kosmetikunternehmens, in dem Aerin als Senior Vice President und als Creative Director tätig ist. Viele der Zimmer sehen genauso aus wie zu Zeiten ihrer Großmutter.
„Esteé arbeitete mit Mark Hampton, sie hatte immer einen großartigen Geschmack“, erzählt Lauder, während sie durch das Wohnzimmer geht, in dem sich viel von dem blau-weißen chinesischen Porzellan ihrer Großmutter befindet. Auch an anderen Stellen taucht diese ansprechende Farbkombination wieder auf: in Esteés ehemaligem Schlafzimmer und in einem der Gästezimmer, in den Stoffen der Gardinen, der Bettwäsche und der Polstermöbel, sogar an den Wänden. „Meine Großmutter liebte blau und weiß“, fügt Lauder hinzu. „Man entdeckt es überall; angefangen von der Art und Weise, wie sie dekorierte über ihre Porthault-Bettwäsche bis hin zu der Verpackung ihrer Parfüms und Kosmetikartikel.“
Lauder verehrt Estées Stil, was aber nicht bedeutet, dass alles gleich geblieben ist. Sie und ihr Ehemann, Eric Zinterhofer, haben das Haus, in dem sie die meisten Wochenenden und Urlaube verbringen, erweitert, um es besser an ihr aktives Leben mit ihren beiden Söhnen anzupassen. Und nicht jedes Erinnerungsstück bleibt bestehen. Sie lacht, als sie uns erzählt: „Ein Freund entschloss sich letztes Jahr dazu, eine Zigarre meines Großvaters aus den 1960er-Jahren anzuzünden, die wir aus sentimentalen Gründen aufbewahrt hatten. Er sagte: ‚Die schmeckt aber komisch!‘, und ich antwortete ihm: ‚Allerdings, das sollte sie!‘“.
Aerin Lauder, die mit Victoria Borus von B Five Studio zusammenarbeitete, um zahlreiche Räume zu erneuern, beschreibt ihren Stil als „Erbe mit Wandel“. Ihre Interpretation von Blau und Weiß, die sie allerdings dem namhaften Farbenkünstler Donald Kaufman zuschreibt, ist überraschend und modern. Das Esszimmer ist jetzt in einem lebendigen China-Blauton gestrichen, abgerundet mit weißen Deko-Elementen; ein Kristallkronleuchter, mit azurblauen Kerzen bestückt, greift das Thema ebenfalls auf. Das Zimmer eines ihrer Söhne erstrahlt in Marineblau und ist zusätzlich mit einem farbigen Kunstwerk von Andy Warhol versehen. Für die große, lichtdurchflutete Küche entschied sich Lauder für Blassblau mit weißen Leisten, Schränken und Arbeitsflächen. Um Jasmine White Moss zu verpacken, den dritten Teil ihrer Private-Collection-Düfte, die sie 2007 herausbrachte, hat sie Königsblau und Weiß verwendet. Der Ursprung des Dufts liegt gar nicht weit von dem ihres Hauses in East Hampton: Lauder erbte eine Rezeptur, die Esteé in den 1980er-Jahren begonnen, aber nicht fertiggestellt hatte. Mithilfe moderner Technologien und ihrer eigenen Intuition vervollständigte sie den Duft.
Aerin Lauders Apartment in Manhattan offenbart sogar noch mehr von der traditionellen Gestaltung, an der sie sich erfreut. Die Eingangshalle, die Bibliothek sowie das Ess- und Wohnzimmer wurden vom französischen Raumgestalter Jacques Grange entworfen. Die in neutralen Beigetönen und Gold gehaltenen Räume, die durch dunkle Farben ergänzt werden, reflektieren mit Stücken von Armand-Albert Rateau, Alberto Giacometti, Jean Royère und Jean-Michel Frank Aerin Lauders Liebe zu französischen Möbeln aus den 1930er- bis 1950er-Jahren. Farbakzente treten hier unerwartet auf. Im Wohnzimmer findet man einfarbige blaue und weiße Leinwände von Yves Klein und Robert Ryman, aber es gibt auch eine lebendig Grüne von Lucio Fontana. Wenn Lauder ein Abendessen in der Stadt gibt, veranstaltet sie dies in einem dunklen, satten auberginefarbenen Esszimmer unter einer Leuchte von Émile-Jacques Ruhlmann. In der Küche, die von Borus gestaltet wurde, findet man abermals Blautöne und Weiß vor, die sich hier in einem kühn gemusterten Stoff auf weißen Chippendale-Stühlen zeigen. Die hellen Wände werden von den fröhlichen Kunstwerken ihrer Söhne geziert.
Wenn sie nicht gerade ihre Gäste unterhält, verbringt Lauder einen Großteil ihrer Zeit in der Bibliothek, wo sich dank ihrer Kinder bereits der Stoff des Jacques-Grange-Sofas abnutzt. Die aus Metall und Glas bestehende Deckenhalterung, die sich ehemals im Besitz von Modeschöpferin Jeanne Lanvin befand, ist von Baguès und die große Fotografie von Andreas Gurski. Zu den wahren Schätzen dieses Raumes zählen jedoch die großen roten, ledergebundenen Fotoalben, die ein Zeugnis von Lauders aktivem Familienleben sind.
Ihr Leben, ähnlich dem ihrer Großmutter, ist stark mit ihrer Arbeit verstrickt. Das unaufdringliche Summen ihres BlackBerrys bestätigt es: Man hat ihr soeben Fotos des Tresens zugeschickt, den sie derzeit für das Selfridge-Geschäft in London designt – zusätzlich zu ihren anderen Positionen betreut Lauder die Firmenpräsenz an Einzelhandelsstandorten weltweit. Ihre Augen leuchten auf, als sie die Umgebung beschreibt, die von der Vorliebe ihrer Großmutter für handbemalte Tapeten von Gracie inspiriert wurde, vergleichbar mit denen in ihrem Schmuck-Ankleideraum in Manhattan in – wie sollte es auch anders sein? – Hellblau und Weiß. „Selfridge hat mich gebeten, etwas zu entwerfen, was ich niemals zuvor gesehen habe”, erklärte sie. „Nun, niemals außerhalb meines Hauses, natürlich.”